Zucht
Die Zucht ist außerordentlich einfach und angesichts der kurzen Lebensdauer von wenigen Monaten bis zu einem, maximal zwei Jahren auch nötig, möchte man an seinem Terrarium lange Freude haben.
Parthenogenese
Manche Arten von Gespenstschrecken pflanzen sich sowohl durch die Paarung von Männchen und Weibchen als auch durch das Legen unbefruchteter Eier durch das Weibchen fort. Man spricht in diesem Fall von fakultativer Parthogenese oder Jungfernzeugung. Bei anderen Arten ist die Jungfernzeugung die einzige Art der Fortpflanzung, so dass es gar keine männlichen Tiere gibt. Alle durch Jungfernzeugung entstandenen Tiere sind genetisch mit der Mutter identisch. Bei Arten, bei denen die Parthogenese fakultativ ist, sind die Gelege aus unbefruchteten Eiern kleiner und die Larven schwächer als wenn es zu einer Befruchtung gekommen ist.
Gespensterschrecken durchlaufen eine hemimetabole, d. h. unvollständige Verwandlung. Dabei ähnelt die Nymphe (Larve) stark der Imago (adultes Tier). Flügel und Geschlechtsorgane sind erst nach der letzten Häutung (Imaginalhäutung) vorhanden. Bei den vorangehenden Häutungen können vor Schreck abgeworfene Gliedmaßen (Autotomie) wieder nachgebildet werden. Die Eier werden je nach Art entweder auf den Boden geschleudert, mit einem schnabelartigen Legestachel (Ovipositor) ins mindestens 10 cm hohe Substrat gestochen oder an Blätter oder Borken geklebt.
Die unterschiedlichen Arten pflanzen sich folgendermaßen fort:
Fortpflanzung Riesen-Stabschrecke (Phobaeticus serratipes)
- Parthenogenese: fakultativ
- Eiablage: auf dem Boden
- Entwicklung von Ei zu Nymphe: 6 Monate
- Entwicklung von Nymphe zu Imago: 4-6 Monate bzw. 5-6 Häutungen
- Lebensdauer: 1-1,5 Jahre
Dschungelnymphe (Heteropteryx dilata)
- Parthenogenese: keine
- Eiablage: im Boden vergraben
- Entwicklung von Ei zu Nymphe: 7-12 Monate
- Entwicklung von Nymphe zu Imago: ca. 1 Jahr bzw. 5-6 Häutungen
- Lebensdauer: 6-12 Monate
Indische Stabschrecke (Carausius morosus)
- Parthenogenese: fakultativ
- Eiablage: auf dem Boden
- Entwicklung von Ei zur Nymphe: 2,5-4 Monate
- Entwicklung von Nymphe zu Imago: 3-8 Monate bzw. 4-5 Häutungen
- Lebensdauer: 1-2 Jahre
Australische Gespenstschrecke (Extatosoma tiaratum)
- Parthenogenese: fakultativ
- Eiablage: auf dem Boden
- Entwicklung von Ei zu Nymphe: 5-6 Monate
- Entwicklung von Nymphe zu Imago: 4-6 Monate bzw. 5-6 Häutungen
- Lebensdauer: 3 Monate bis 1 Jahr
Großes Wandelndes Blatt (Phyllium giganteum)
- Parthenogenese: hauptsächlich Parthogenese
- Eiablage: auf dem Boden
- Entwicklung von Ei zu Nymphe: 8 Monate
- Entwicklung von Nymphe zu Imago: 8-12 Monate
- Lebensdauer: wenige Tage – 10 Monate bzw. 4-6 Häutungen
Unerwartete Stabschrecke (Sungaya inexpectata)
- Parthenogenese: fakultativ
- Eiablage: auf dem Boden
- Entwicklung von Ei zu Nymphe: 4-6 Monate
- Entwicklung von Nymphe zu Imago: 3-4 Monate
- Lebensdauer: 1-3 Jahre
Übrigens beginnt die Mimikry bei den Gespenstschrecken schon im Eistadium. Die Eier ähneln in der Regel den Samen bestimmter Pflanzen. Da insbesondere die Eier der Australischen Gespenstschrecke daher oft von Feuerameisen in ihren Bau verschleppt werden, ähneln die neu geschlüpften Nymphen wiederum eben diesen Feuerameisen, um unbemerkt dem Bau zu entkommen. Die Nymphen der Dschungelnymphe können ihre Farbe dem helleren bzw. dunkleren Licht von Tag und Nacht anpassen und hängen tagsüber als Klumpen an Nahrungspflanzen.
Geschlechtsunterschiede
Bei den Gespenstschrecken sind die Weibchen oft farbiger und deutlich größer als die Männchen, sie brauchen etwas länger bis zur Geschlechtsreife und leben teils erheblich länger. Beim Großen Wandelnden Blatt etwa leben Männchen nur wenige Tage bis Wochen, während Weibchen zwischen 6 und 10 Monate alt werden. Bei der Australischen Gespenstschrecke hat das Weibchen z. B. Einen prominent nach oben gebogenen Hinterleib, der an einen Skorpion denken lässt.
Gruselige Gefahr oder spannender Exot?
Insbesondere da sich Gespenstschrecken auch zur Pflege durch Kinder eignen, stellt sich die Frage: Geht von ihnen irgendeine Gefahr aus? Die Antwort ist klar: Nein! Während weniger gut getarnte, ja auffällig gefärbte Gespenstschrecken über ein stinkendes, ätzendes Abwehrsekret verfügen, verlassen sich die hier vorgestellten Tiere v. a. auf ihre gute Tarnung. Manche Arten wie der Wandelnde Ast neigen dazu, ihre Gliedmaßen bei jedem Schreck abzuwerfen, kommen aber auch mit weniger Beinen ganz gut aus. Bei der sog. Abwehrstridulation werden mit Fühlern und Flügeln (sofern vorhanden) Geräusche erzeugt. Größere Arten wie das Große Wandelnde Blatt etwa verfügen über bedornte Hinterbeine, die ausgestreckt und bei Berührung wie ein Messer zusammengeklappt werden. Bei Menschen verursacht dies jedoch maximal Kratzer und blaue Flecken.
Auch füreinander sind die friedliebenden Vegetarier in der Regel keine Gefahr. Größere Arten sollte man dennoch nicht mit kleineren vergesellschaften, damit diese nicht niedergetrampelt werden. Auch Wandelnde Blätter bleiben lieber unter sich, da sie sonst Gefahr laufen, von Mitbewohnern für Futter gehalten zu werden.
Alles in allem sind die Gespenstschrecken also das perfekte Insekt für den Einstieg in die Terrarienhaltung.